Für Einäugige wenig Neues - ein paar Eindrücke von der IFA 2011

Ich war noch nie auf der IFA und da es heute überraschend heiss war, dachte ich ein Gang durch die kühlen Messehallen wäre ganz angenehm. Falsch gedacht, in den Hallen gibt es keine Klimaanlagen und dank einer gewissen Anzahl elektrischer Geräte ist es kaum kälter als draussen.

Aber der Reihe nach: Ziemlich spontan habe ich heute morgen beschlossen, doch zur IFA zu gehen. Ich wollte natürlich keinen Pfennig zuviel bezahlen und habe mir deswegen ein Happy-Hour-Ticket für 9 Euro für den Eintritt ab 14 Uhr gekauft. Die bekommt man frühestens 10 min vor 14 Uhr, wer schon um 13:45 Uhr kommt muss warten, da sind die Kassiererinnen gnadenlos. 9 Euro dachte ich, sind ok, um 5 Stunden die Messe zu besuchen. Ähh, wieder falsch gedacht. Die Messe macht schon um 18 Uhr zu, sind also nur 4 Stunden. Das ist echt knapp für so eine unübersichtliche Messe (Sie sollten spezielle Messenavis am Eingang verteilen, die Beschilderung der Hallen ist jedenfalls eher verwirrend als hilfreich), selbst wenn man sich wie ich auf nur wenige Sachen beschränkt.

Die Hallen 2,4,6 und 7 habe ich dann im Eilschritt durchquert. Einziges Highlight hier ist, dass man anscheinend von Babliss Rasurgeräten nicht nur glatte, sondern auch sehr lange Beine bekommt, zumindest suggerieren das die Damen am Stand dort. Erster Anlaufpunkt waren dann die Hallen 12 - 17, der Bereich IFA My Media mit der iZone in den Hallen 15/16.

Aber ich muss sagen dieser Bereich war ziemlich enttäuschend. Für den mich als nicht-iPhone/iPad Besitzer gabe es wenig Interessantes. Eine Hostess fragt ein paar Jungs vor mir: "Hat einer von euch ein iPhone?", offenbar in freudiger Erwartung das sie ihnen dann irgendein Zubehörteil zeigen kann. Leider war die Antwort negativ, und so enden viele Gespräche in diesem Bereich ziemlich schnell. Aber selbst als Besitzer von mehreren iPhones dürfe dieser Bereich ermüdend sein, spätestens nach dem 10ten Anbieter irgendeiner iPhone-Hülle/Halterung (mal mit, mal ohne Swarovski-Kristalle), dem 8ten USB-Aufladegerät-SuperUltraAdapter und dem 20ten iPhone-fähigen Lautsprecher stellt sich Langeweile ein. Aber es ist schon echt erstaunlich wieviele Firmen als Anbieter von Zubehör für iPhone und Co. existieren, deren Geschäftsmodell oft auf Gedeih und Verderb von Apples Modellpolitik abhängt.

Naja, weiter gehts zum ersten wirklichen Highlight in Halle 18: Sharp präsentiert dort einen DirectView LCD mit 16-facher HD-Auflösung (ca 8000 x 4000 px) und 10 Bit Farbtiefe pro Farbkanal. Das ist echt scharf. Einige Leute drücken sich am Fernseher die Nase platt um einzelne Pixel zu sehen, aber da braucht man schon eine Lupe. Erstaunlich finde ich vor allem, dass auf dem 85 Zoll-Gerät Bewegtbilder dreidimensionale Tiefe gewinnen. Wahrscheinlich hält mein Gehirn bei dieser Auflösung das Gesehene für echt und interpretiert es demnach dreidimensional. Echt cool, aber dieser Bildschirm wird wohl nicht vor 2020(!) in die Läden kommen.

Danach aber endlich zu meinem eigentlichen Ziel, der Halle 20 um die neuen Tablets von Samsung zu begutachen. Tja, wieder Pech gehabt: Apple hat wohl gegen Samsung im letzten Moment eine einstweilige Verfügung erwirkt und so hat Samsung das Tablet gestern von der IFA verschwinden lasssen müssen:
Bleibt nur das Samsung Wave Note aber irgendwie ist mir das als Handy zu groß für eine Hand, aber als Tablet zu klein. Der Sinn des beigelegten Stiftes erschliesst sich mir nicht so recht. Statt Notizen mit dem Stift auf den Bildschirm zu malen, geht es doch schneller, diese auf Papier zu schreiben und mit der eingebauten Kamera zu fotografieren. Denn Handschrifterkennung kann das Note offenbar nicht. Das Galaxy Wave 3 mit Bada 2.0 scheint mir dagegen ein solides Smartphone zu sein. Kann was man erwartet. Allerdings bringt meine Frage: "Was ist daran besser als beim iPhone?" die Hostess zunächst  ziemlich aus dem Gleichgewicht. Die Antwort lautet dann schlicht: der Preis. Also wer auf der IFA seinen Spass haben will, fragt die diversen Aussteller einfach: "Was ist daran besser als am iPhone/iPad?" Die Antworten klingen klingen meist ziemlich gequält oder verzweifelt. Auch beeindruckt haben mich bei Samsung die Chromebooks. Bootzeiten von unter 8 Sekunden sind gut, aber irgendwie sieht man danach nur einen Browser. Damit sind es die idealen Computer für Internet-Kaffees (die es aber kaum noch gibt), aber ansonsten kann jedes Smartphone mehr. Die Zeit ist noch nicht reif für die Chromebooks. Interessant war bei Samsung auch der 3D-Fernseher, der 2D Inhalte automatisch in 3D umgewandelt hat. Auf meine Frage, ob das nur mit Bewegtbildern oder auch mit Standbildern funktioniert, bekomme ich die Antwort: "Keine Ahnung wie das geht, das sind irgendwelche Algorithmen!" Von soviel technischer Ignoranz schockiert, fliehe ich in die nächste Halle 21 zu Toshiba.

Auf dem Weg dorthin komme ich bei Metz vorbei (ich glaube neben Loewe) der letzte deutsche Fernsehhersteller. Sie werben mit dem besten 3D-Fernseher und ich glaube, sie haben recht. Ihr LCD mit Polfiltertechnik zeigt von allen auf der IFA ausgestellten 3D-Fernsehern (es gibt Tausende) den harmonischsten und realistischsten 3D-Eindruck. Aber auch Metz kann Doppelbilder bei schnellen Bewegungen nicht vermeiden. Noch störender finde ich bei 3D-Fernsehern aber Spiegelungen auf dem Display. Metz zeigt wohl auch daher ihren 3D-TV nur im abgedunkelten Raum. Das ist aber kein Vorwurf gegen Metz allein, wirklich kein Hersteller scheint sich über dieses Problem Gedanken zu machen, dabei stören Spiegelungen auf 3D-Bildschirmen noch wesentlich massiver als auf 2D-Bildschirmen. Offenbar werden heutzutage Fernseher nur noch für abgedunkelte Räume entwickelt. Wer will schon unser Fernsehprogramm tagsüber sehen, und da muss man den Herstellern wieder recht geben.

Dann aber endlich zu Toshiba. Dort gibt es Tablets, aber nur zwei Stück zum Ausprobieren, die eng umlagert sind. Ansonsten nur Modelle hinter Glas. Ziemlich flach, aber ich habe keine Geduld mich anzustellen. Sind halt irgend solche Android-Dinger. Stattdessen stelle ich mich in die viel größere Schlange zur Toshiba-Weltpremiere: 3D-Fernsehen ohne spezielle 3D-Brille! Und das ganze ab Dezember 2011 zu kaufen. Zukunft ich komme. Oder auch nicht. Denn diese Zukunft kostet bescheidene 8000 Euro und die Demovorführung überzeugt mich nicht. Maximal drei Leute sitzen im abgedunkelten Raum. Mehr Personen, kann das eingebaute Facetracking wohl nicht handhaben, bzw. für mehr Personen sind die 9(!) verschiedenen Ansichten die pro Bild dargestellt werden wohl nicht ausreichend. Und die 3D-Effekte sind sehr subtil, eigentlich kaum sichtbar. Wenn man den Kopf um 60 bis 70 Grad neigt, sieht man Doppelbilder. Trotzdem schon Wahnsinn, dass es so etwas jetzt gibt. Noch 2006 auf der Cebit waren vergleichbare 3D-Displays mit Linsenraster ohne Kopfschmerzen nicht zu betrachten. Wenn Toshiba den 3D-Eindruck noch etwas Tiefe beifügen könnte, dann könnte das 3D zum endgültigen Durchbruch verhelfen. Also abwarten bis zur zweiten Generation. Die Show die Toshiba zur Einführung zeigt beeindruckt auch durch eine Vorführung auf Leinwand mit 3D-Effekt (ohne Brille). Dabei handelt es sich aber bei genauem Hinsehen um einen Pseudo-3D-Effekt mit Hilfe eines riesigen Teilerspiegels .

Dann weiter in Halle 21 zu Phillips, dem wahrscheinlich letzten großen europäischen Hersteller von Unterhaltungselektronik. Bei Phillips gibt es ebenfalls 3D ohne Brille. Allerdings ohne Headtracking. Stattdessen gibt es eine kleine Anzeige unter dem Bildschirm, die abhängig von der eigenen Position einen schwarzen Streifen zeigt. Wenn der Streifen in der Mitte ist, ist der 3D-Effekt optimal. eine ziemlich pfiffige Lösung, die es für mich als Zuschauer sehr leicht macht, mich an die richtige Position zu stellen. Und der 3D-Effekt kann an der richtigen Position auch überzeugen. Leider ist das Philipsmodell wohl nicht für den Markt gedacht, obwohl es für mich besser funktioniert hat als die Lösung von Toshiba. Schade. Ansonsten zeigt Philips stark verbesserte LCDs hinsichtlich Kontrast, Schwarzwert (fast keine Spiegelungen zu erkennen) und Bewegungsunschärfe. Letztere beeindruckt mich am meisten, selbst bei schnellen Schwenks bleibt das Bild gestochen scharf (zumindest beim Demo). Beinahe hätte ich daneben noch das Heliodisplay übersehen, dass zu Werbezwecken bei den Philips Staubsaugern steht. Es handelt sich um ein Display, dass auf kondensierter Luft mittels Laser Bilder darstellt (siehe http://www.youtube.com/watch?v=au1ib6Rf_gY ). Ein wirklich verblüffender Effekt, fast wie ein Star Wars Hologramm. 

Am Ende schaffe ich es noch zu Sony (Halle 4?). Nachdem ich die Umfragedame abgeschüttelt habe, die mich sofort nach Eintritt der Halle mit einem "kurzen" Fragebogen ca. 10 min aufgehalten hat ("Welche Kritikpunkte hast du am Sony-Stand?" "Die lästigen Umfragen!") habe ich mir noch schnell das Sony Tablet S angesehen. Nach der ersten Ernüchterung (so klein und doch erstaunlich schwer) muss ich sagen, dass es doch sehr gut in der Hand liegt. Die genoppte Oberfläche fühlt sich echt nach Buch an. Witzig, das gerade die Reader-App offenbar nicht so richtig funktioniert, da man mir nicht erklären kann, wie man den jetzt damit neue Bücher herunterlädt. Ich solle mich an den Stand mit den eInk-Readern wenden. Dafür ist aber keine Zeit mehr, den um 18 Uhr werde ich höflich aber bestimmt gebeten, die Sony-Halle zu verlassen (damit die Mitarbeiter endlich mit der Messeparty anfangen können). Am Ausgang stelle ich erleichtert fest, dass ich nichts bei der Garderobe abgegeben habe. Die Schlange dort ist ca. 300 m lang.

Am Ende bleibt ein eher ernüchterndes Fazit: Apples iPhone und iPad2 sind einfach besser. Produkte anderer Hersteller wirken dagegen oft verkrampft und bemüht, oder sind bei Tablets einfach noch nicht wirklich marktreif sondern eher im Betastatus, während ich Apples iPad2 bereits im Mediamarkt kaufen kann. Auch frage ich mich, warum kein Hersteller dieselben Abmessungen wie die des iPad2 verwendet, sondern krampfhaft andere Größen entwickelt werden. Oft sind die Tablets anderer Hersteller dann aber zu schmal (16:9?) um sie hochkant z.B. als Reader verwenden zu können.  

Abgesehen von den Tablets hatte der Rest der IFA aber nicht allzu viel Unterhaltungswert. 3D-Displays sind ganz witzig (wenn man nicht gerade einäugig ist), aber eher Spielerei. Einige Firmen fehlten, z.B. Asus. Grundig war überraschenderweise da (die leben immer noch?), aber der Stand sah eher nach Friseursalon mit Fernsehern aus. Und die Berliner S-Bahn hat nach gutem Start (es gab Sonderzüge) am Ende doch wieder versagt (die Anschlusszüge in Charlottenburg hatten zum Ausgleich ordentlich Verspätung). Eine Pizza von meiner Lieblingspizzeria Pomodorino half dann aber doch, den Tag zu einem guten Ende zu bringen. 

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