Europawahl 2014 - Interessante Korrelationen in den Wahl-O-Mat Daten

Die Europawahl steht vor der Tür. Diesmal ohne irgendeine 5% oder 3%-Hürde. Das Bundesverfassungsgericht hat solche Sperrklauseln verboten, da sie gegen die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien verstoßen.
Das heisst insbesondere, dass Stimmen auch für kleine Parteien diesmal nicht mehr verlorengehen. Daher ist es umso interessanter wie schon für die Bundestagswahl 2013 einmal das Parteienspektrum mit Hilfe der Wahl-O-Mat Daten zu analysieren. Dies habe ich wie immer mittels meines selbstgebauten Python-Skriptes gemacht. Die detaillierten Ergebnisse stelle ich wie immer hier zum Download bereit. Einige interessante Resultate aus der Analyse seien im Folgenden erwähnt:
  • Die größte Übereinstimmung herrscht zwischen den GRÜNEN und der PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ mit 31 übereinstimmenden Antworten von 38 Möglichen (also 82% Übereinstimmung). Bei soviel Übereinstimmung kann man eigentlich nur zur Fusion beider Parteien raten, damit der Wahlzettel etwas kürzer wird. Weiter könnte man den Wahlzettel verkürzen wenn die GRÜNEN mit DER LINKEN und mit den PIRATEN (je 30 Übereinstimmungen) und die MLPD und die DKP (ebenso 30 Übereinstimmungen) sich zu je einer Partei vereinen würden.
  • Am wenigsten, nämlich in nur 4 Antworten, stimmen die PIRATEN mit der christlichen Partei AUF überein. Die PIRATEN sind sozusagen die Anti-Christen! Ähnlich wenig können die GRÜNEN und die SPD mit der AUF anfangen. Sie haben jeweils nur 5 Übereinstimmungen. Offenbar ist linke Politik mit dem Christentum nicht vereinbar, auch wenn anderes zuweilen behauptet wird.
Im folgenden wieder ein kleiner Auszug aus den oben verlinkten Daten, der zeigt mit welchen Parteien die großen bekannteren Parteien am meisten übereinstimmen.

1. CDU

ParteiCDU
CSU28
Freie Wähler25
AfD23
FDP23

Das CDU und CSU nahe beieinander liegen ist keine Überraschung. Auch das die Freien Wähler aus demselben Holz geschnitzt sind, hat man auch schon in den Daten zur bayrischen Landtagswahl und der Bundestagswahl gesehen. Die FDP und die AfD liegen nicht nur in den prognostizierten Prozentzahlen nahe beieinander, sondern auch in ihrer Ähnlichkeit mit der CDU.

2. FDP

ParteiFDP
CDU23
Freie Wähler22
AfD20
CSU20
PBC20
SPD20
Volksabstimmung20

Die FDP hat kaum Freunde in anderen Parteien. Selbst mit dem Dauerkoalitionspartner CDU haben sie nur 23 Übereinstimmungen. Das die FDP und die AfD übereinstimmen mag überraschen, aber noch verwunderlicher ist die gleich hohe Übereinstimmung mit der SPD. Die FDP bei der Europawahl präsentiert sich als seltsame Mischung irgendwo zwischen AfD und SPD und einigen christlichen Parteien wie der CSU und der PBC.

3. DIE LINKE

ParteiDIE LINKE
GRÜNE30
ÖDP27
PIRATEN26
Tierschutzpartei26

Die LINKE hat im Gegensatz zu vorherigen Wahlen weniger mit den Kommunistischen Parteien zu tun als ihnen oft nachgesagt wird. Stattdessen hohe Übereinstimmung mit den Umweltparteien GRÜNE, ÖDP und der Tierschutzpartei. Dazu noch hohe Übereinstimmung mit den eher technik- und zukunftsorientierten PIRATEN. Hat sich DIE LINKE etwa von ihrer Vergangenheit emanzipiert?

4. GRÜNE

ParteiGRÜNE
Tierschutzpartei31
DIE LINKE30
PIRATEN30
SPD27
ÖDP26

Das die GRÜNEn und die Tierschutzpartei fusionieren könnten habe ich bereits oben erwähnt. Aber auch die Europaprogramme der anderen Linksparteien (SPD, DIE LINKE, PIRATEN) liegen so nahe bei den GRÜNEn, dass man eine Koalition empfehlen muss. Überraschender ist eher, dass auf Europaebene auch die ÖDP sehr viel gemeinsam hat mit den GRÜNEn. Das hat war z.B. bei der Bundes- und Landesebene nicht der Fall. Da war die ÖDP eher im rechten Spektrum zu finden.

5. SPD

ParteiSPD
GRÜNE27
Tierschutzpartei24
DIE LINKE23
PIRATEN23

Im Gegensatz zur Bundestagswahl, wo die SPD sich eher als die Partei der Migranten und Rentner profiliert hat, ist die SPD auf Europaebene eindeutig zu den Linksparteien mit Schwerpunkt auf Umweltproblemen und Tierschutz zu zählen. Eine große Koalition mit der CDU wie auf Bundesebene macht auf Europaebene für die SPD keinen Sinn.

6. PIRATEN

ParteiPIRATEN
GRÜNE30
Tierschutzpartei28
Die PARTEI27
DIE LINKE26

Auf den ersten Blick sieht die Tabelle für die PIRATEN genauso aus wie für die SPD. Währe da nicht die überraschend hohe Übereinstimmung mit der Satirepartei DIE PARTEI. Sind die PIRATEN in der kurzen Zeit ihrer Existenz schon zu Politiksatirikern geworden? Oder wurde DIE PARTEI von PIRATEN unterwandert und das PARTEI steht inzwischen nicht mehr für "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative" sondern für "Piraten für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative"? Eine gemeinsame Liste von Kandidaten der PARTEI und der PIRATEN könnte bei so viel Übereinstimmung in Zukunft jedenfalls Sinn machen.

7. AfD

ParteiAfD
Freie Wähler28
ProNRW25
BüSo25
PSG24
CSU24

Auf den ersten Blick zeigt sich die AfD auf Europaebene etwas gemäßigter als auf Bundesebene, wo man noch größte Übereinstimmung mit Rechtspopulisten der REP vorzuweisen hatte. Aber 25 Übereinstimmungen mit ProNRW, einer Partei die von den Wahl-O-Mat Autoren als rechtsextrem, islam- und fremdenfeindlich charakterisiert wird, zeigen das man die AfD nach wie vor zu den stramm rechts stehenden Parteien zählen darf. Nur eine Sache ist daran komisch: Warum stimmt die AfD in 24 Punkten mit der PSG überein, einer Partei deren Ziel es ist, ein "vereintes Europa auf sozialistischer Grundlage" zu errichten? Ich denke aber diese Tatsache dürfte für AfD und PSG gleichermaßen peinlich sein.

Fazit: Gerade weil diesmal keine Stimme verloren geht, ist es interessant, sich auch einmal mit den kleinen Parteien genauer auseinanderzusetzen. Bei den Großen gibt es kaum Überraschungen. Außer vielleicht, dass eine große Koalition der Mitte zwischen SPD und CDU auf Europaebene eigentlich ausgeschlossen sein sollte. Die Programme liegen zu weit auseinander. Dasselbe galt allerdings auch für die Bundestagswahl. Manch einer mag deswegen einwerfen, dass der Unterschied zwischen dem Programm einer Partei vor und nach der Wahl wesentlich gravierender ist, als der Unterschied zwischen den Programmen der Parteien untereinander. Um diese zynische Sichtweise zu überprüfen, müssten die Autoren des Wahl-O-Mat den Parteien auch nach der Wahl und der Regierungsbildung/Koalitionsvertrag noch einmal dieselben Fragen stellen, so dass die zeitliche Entwicklung der Parteiprogramme offenbart würde. Solange aber niemand solch eine Untersuchung mach, gilt aus statistischer Sicht nach wie vor folgende Empfehlung: Wählen gehen lohnt sich! 

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